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Sturm Per – einmal Mittelalter und zurück

Nach zwei Tagen Holz schleppen, Wasser aus dem Brunnen ziehen, schummrigem Kerzenlicht und Kochen überm Holzfeuer in unserem alten Herd (der übrigens trotz mehr als 30 Jahren Nicht-Benutzung immer noch bestens funktioniert) war heute kurz nach 3 mittags das Licht wieder da. Einfach so, als wäre es nie weg gewesen. Es ließ unser Kerzen- und Taschenlampensortiment, die Kiste voller Kühlschranksachen draußen auf dem Balkon, die vollen Wassereimer und -schüsseln so lächerlich aussehen.
Begonnen hatte alles in der Nacht zum Sonntag. Der Sturm heulte stundenlang und aus dem Wald hörte man das Krachen der umknickenden Bäume. Die Fichten hinter dem Haus bogen sich im rechten Winkel, beim Nachbarn fiel eine große, alte Birke um und alles, was nicht gesichert war, wehte umher. Der Strom verließ uns mittags. Von einer Nachbarin erfuhren wir, daß weiter oben jede Menge Bäume über die Leitungen gefallen waren und es wohl ein paar Tage dauern würde, bis das wieder repariert wäre. So stellten wir uns drauf ein. Das Kerzen aufstellen war mir schon von den letzten Ausfällen, die immer nur ein paar Stunden gedauert hatten, vertraut. Wasser holen: der Bach war durch das Unwetter arg schmutzig, selbst zu schmutzig für die Klospülung. Also den Eimer an den Strick und hinter dem Haus in den alten Brunnen gelassen. Gutes Wasser und schön klar. Trinkwasser wollten wir aber doch lieber im Laden kaufen. Am Abend ließ der Sturm nach und wir fuhren die drei Kilometer zum Konsum ins nächste Dorf, nach Ekenässjön. Wir mußten ein paar Bäume umfahren, die auf der Straße lagen, kamen aber durch.
Wieder daheim wurden die Kachelöfen geheizt. Man denkt nicht, wie früh es dunkel wird und zu wie wenig man kommt, wenn man nichts als funzeligen Kerzen hat. Am nächsten Tag, also gestern, habe ich zugesehen, die nötigen Arbeiten bei Tageslicht zu machen. Daneben wollte natürlich Johanna gestillt und gewindelt werden... man ist den ganzen Tag am rennen nur für ne warme Bude, warmes Essen und ein zufriedenes Kind. Kein Wunder, daß man vor hundert Jahren das Internet nicht gebraucht hat. :DD
Und das abendliche Waschen erst! Ein Glück habe ich in der DDR noch gelernt, wie man das mit den guten alten Lappen, Seife und einem Schüsselchen voll Wasser macht. Tim, der sein Leben lang jeden Tag geduscht hat, hatte da so seine Schwierigkeiten. :b
Heute hat mich dann die Putzwut gepackt. Wenn man Holz in allen Größen in die Bude schleppt und im Dunkeln Wachs verkippt, sieht es schnell auch auf dem Fußboden mittelalterlich aus. Staubsauger ging auch nicht, also Besen, Kehrschaufel. Ich wütete so vor mich hin, war kurz draußen nach dem Kind sehen, was da im Wagen schlief und plötzlich: Licht AN. War fast erschrocken. Aber ja. Der Kühlschrank summte, der inzwischen fast abgetaute Gefrierschrank auch und vor dem Haus bimmelt der Bahnübergang. Wahrscheinlich aus Freude, daß er wieder Strom hat, denn der Zug fährt noch nicht wieder. Zufällig kommt just in dem Moment sogar ein Auto und darf anhalten. Ich freu mir ein Bein aus und putze auch noch das Treppenhaus und den Kühlschrank. Aus lauter Begeisterung über eine so simple Sache: Strom

2 Gedanken zu „Sturm Per – einmal Mittelalter und zurück

  1. oma

    So jemand sollte Bücher schreiben! Da kann man echt froh sein dass der Sturm gekommen ist denn sonst hätte man nicht so eine lebendige lustige Schilderung des geschehens bekommen. Dagegen war der Sturmfilm im Aftonbladet langweilig.
    Danke

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  2. Neroli

    Hi!
    Spannend, spannend! Da hätte ich gerne mitgemacht, und fand es beruhigend zu wissen, daß Eure Kachelöfen up to date sind. War sicherlich ein schönes Stück Arbeit, so ein ungewohnter mittelalterlicher Einbruch! - schön, daß nun alles wieder geht!

    Wir haben von dem Sturm recht wenig mitbekommen, scheinbar haben seine Reserven nicht bis nach Süddeutschland gereicht. Er konnte sich nicht mal mit nem sommerlichen Gewittersturm messen.

    Gruß, Daniela

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